6.11 Einheit statt Spaltungen
"Ist den Christus zertrennt?" fragte Paulus die Christen in Korinth, als die Gefahr von Spaltung der einen Stadtgemeinde bestand. Er ermahnt sie einerlei Rede zu führen, Spaltungen nicht zuzulassen, sondern in derselben Gesinnung und derselben Meinung zusammenzuhalten. (1.Kor.1,10-13). Weniger Verse weiter fährt er fort: "Denn erstens höre ich, dass, wenn ihr in der Gemeinde zusammenkommt, Spaltungen unter euch sind, und zum Teil glaube ich es; denn es müssen ja auch Parteiungen unter euch sein, damit die Bewährten offenbar werden unter euch!"
Hier wird die ganze Problematik deutlich:
Sind Spaltungen in christlichen Gemeinden von Gott gewollt, gehasst oder nur geduldet, "damit die Bewährten offenbar werden" (und die richtige Lehre Raum zur Entfaltung hat)?
Was passierte im Laufe der Kirchengeschichte?
In den ersten beiden Jahrhunderten gab es jeweils nur eine Gemeinde pro Stadt. In der Apostelgeschichte und in den Briefen, selbst in der Offenbarung gibt es ausschließlich Ortsgemeinden (z.B. die Gemeinde in Rom, die in Korinth, die in Antiochia, die in Kollossä, die in Srymna...). Das Aufkommen der Staatsreligion im Jahre 313 unter Kaiser Konstantin dem Großen war ein Schlag gegen die unabhängige, örtlich begrenzte Gemeindestruktur. Im 16.Jahrhundert führte die Reformation zur ersten Spaltung in der Kirchengeschichte. Die Evangelische Kirche wurde abgespalten. Ab dem 17.Jahrhundert spalteten sich von ihr die Freikirchen. Sie litten jedoch später unter dem gleichen Phänomen: Ab dem 20. Jahrhundert spalteten sich von ihnen freie Gruppen ab. Die Zahl der Kirchen und Denominationen liegt heute weltweit bei ca. 41.000!
War diese Entwicklung im Sinne Gottes?
Was sagt die Bibel zur Einheit, zu Spaltungen und zum Einssein des Leibes?
Jud 22:
Und weiset diejenigen zurecht, welche sich trennen.
Gal 5,19-21
Offenbar sind aber die Werke des Fleisches, welche sind: Ehebruch, Unzucht, Unreinigkeit, Ausschweifung; Götzendienst, Zauberei, Feindschaft, Hader, Eifersucht, Zorn, Ehrgeiz, Zwietracht, Spaltungen, Neid, Mord; Trunkenheit, Gelage und dergleichen, wovon ich euch voraussage, wie ich schon zuvor gesagt habe, dass die, welche solches tun, das Reich Gottes nicht ererben werden.
Jesus verursachte bei mehreren Anlässen Spaltungen:
Jh 7,43- beim Volk:
Es entstand nun seinetwegen eine Spaltung in der Volksmenge.
Jh 10,19- bei Juden:
Da entstand wiederum eine Spaltung unter den Juden um dieser Worte willen.
Jh 9,16- bei Pharisäern:
Dieser Mensch ist nicht von Gott, weil er den Sabbat nicht hält! ...Und es entstand eine Spaltung unter ihnen.
Lk 12,49- Jesus sagt:
Ich bin gekommen, Feuer auf die Erde zu schleudern, und wie wollte ich, es wäre schon entzündet! Aber ich habe eine Taufe zu bestehen, und wie drängt es mich, bis sie vollbracht ist! Meinet ihr, dass ich gekommen sei, Frieden zu spenden auf Erden? Nein, ich sage euch, sondern eher Zwietracht.
Denn von nun an werden fünf in einem Hause entzweit sein, drei wider zwei und zwei wider drei, der Vater wider den Sohn und der Sohn wider den Vater, die Mutter wider die Tochter und die Tochter wider die Mutter, die Schwiegermutter wider ihre Schwiegertochter und die Schwiegertochter wider ihre Schwiegermutter.
Apg 14,4:
Die Menge der Stadt aber war entzweit, und die einen waren mit den Juden, die anderen mit den Aposteln.
Ps 133,1-3:
Ein Wallfahrtslied. Von David.
Siehe, wie gut und wie lieblich ist es, wenn Brüder einträchtig beieinander wohnen. Wie das köstliche Öl auf dem Haupt, das herabfließt auf den Bart,
auf den Bart Aarons, der herabfließt auf den Halssaum seiner Kleider.
Wie der Tau des Hermon, der herabfließt auf die Berge Zions.
Denn dorthin hat der HERR den Segen befohlen, Leben bis in Ewigkeit.
Zeph 3,9:
Dann aber werde ich den Völkern andere, reine Lippen geben, damit sie alle den Namen des HERRN anrufen und ihm einmütig dienen.
Phil 2,1-3:
Wenn es nun irgendeine Ermunterung in Christus ‹gibt›, wenn irgendeinen Trost der Liebe, wenn irgendeine Gemeinschaft des Geistes, wenn irgendein herzliches ‹Mitleid› und Erbarmen, so erfüllt meine Freude, dass ihr dieselbe Gesinnung und dieselbe Liebe habt, einmütig, eines Sinnes seid, nichts aus Eigennutz oder eitler Ruhmsucht ‹tut›, sondern dass in der Demut einer den anderen höher achtet als sich selbst.
Jh 17,20-23:
Ich bitte aber nicht für diese allein, sondern auch für die, welche durch ihr Wort an mich glauben werden,
auf dass sie alle eins seien, gleichwie du, Vater, in mir und ich in dir; auf dass auch sie in uns eins seien, damit die Welt glaube, dass du mich gesandt hast.
Und ich habe die Herrlichkeit, die du mir gegeben hast, ihnen gegeben, auf dass sie eins seien, gleichwie wir eins sind.
Ich in ihnen und du in mir, auf dass sie zu vollendeter Einheit gelangen, damit die Welt erkenne, dass du mich gesandt hast und sie liebst, gleichwie du mich liebst.
Eph 4,1-6:
So ermahne ich euch nun, ich, der Gebundene im Herrn, dass ihr würdig wandelt der Berufung, zu welcher ihr berufen worden seid, so dass ihr mit aller Demut und Sanftmut, mit Geduld einander in Liebe ertraget und fleißig seid, die Einheit des Geistes zu bewahren in dem Bande des Friedens: ein Leib und ein Geist, wie ihr auch berufen seid zu einer Hoffnung eurer Berufung; ein Herr, ein Glaube, eine Taufe; ein Gott und Vater aller, über allen, durch alle und in allen.
Versuch eines Fazits:
- Gott liegt die Einheit der wieder geborenen Christen am Herzen. Sein Ziel ist, eine Braut für Jesus zu bereiten.
- Spaltungen wurden von Jesus dann verursacht, wenn Religiosität die Wiedergeburt der Menschen verhindert.
- Einheit nicht um jeden Preis.
Wiedergeburt, Jüngerschaft, Heiligung etc. müssen möglich sein.
- Spaltungen unter wiedergeborenen Christen sind nicht akzeptabel. D.h., keine neue Gemeinde gründen, wenn es am Ort schon eine Ortsgemeinde gibt, die eine Sicht für den Leib Jesu der Stadt hat und die ihrerseits keine Gemeinde ist, die auf speziellen Erkenntnisse basiert (z.B. Glaubenstaufe oder Geistesgaben). Die Basis der Gemeinde darf nur Jesus sein (kein Gründer, kein Glaubensbekenntnis, keine Erkenntnisse).
Heute gibt es bei uns in jeder größeren Stadt mehrere, meist kleine Gemeinden mit wiedergeborenen Christen. Sie akzeptieren sich manchmal, haben aber i.d.R. selten oder gar keine Gemeinschaft miteinander.
Fragen:
- Könnte es sein, dass der Heilige Geist heute nicht nur eine geistliche Einheit unter den Gläubigen einer Stadt haben möchte, sondern auch eine von außen sichtbare, organisatorische Einheit?
- Könnte es sein, dass der Heilige Geist heute wieder die ursprüngliche Gemeindestruktur einführen möchte (eine Gemeinde pro Stadt, die unabhängig ist von einer nationalen Kirche oder Verbänden)?
Welche Konsequenzen hätte dies?
- Ist die Wiedereinführung der im Neuen Testament genannten Ebenen der Gemeinde eine Voraussetzung für eine Erweckung in Deutschland?
Die drei Gemeindeebenen:
Ebene: Hausgemeinden
(4x im Neuen Testament erwähnt),
Ebene: Eine Gemeinde pro Stadt (61x),
Ebene: Die weltweite Gemeinde (15x)
Mehrere Gemeinden in einer Stadt werden 0x (!) erwähnt.
Einheit ist die effektivste Form der Evangelisation (Joh. 17,21).
Einheit wird möglich, wenn zuerst die Vertikale stimmt (Liebesbeziehung zu Gott) - dann ist auch die Horizontale möglich (Einheit unter den Geschwistern).
Die größten Hindernisse von Einheit sind falsche/ unzureichende Lehre und der Ehrgeiz/ Stolz der Leiter.
Es geht bei der Einheit der Nachfolger Jesu an einem Ort nicht um Ökumene. Es geht nicht um den Zusammenschluss von Namenschristen. Es geht nicht um die Einheitskirche der Endzeit. Es geht nicht um die Verschmelzung bestehender Kirchen.
Es geht bei der Einheit, die Jesus vom Vater erbittet (Joh. 17,21), um die Gemeinde Jesu, die aus seinen wiedergeborenen Nachfolgern besteht (seine Braut - Off. 19, 7+8).